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Bezahlte Vereinsarbeit - Optionen für wachsende Vereine


Kurzbeschreibung

Wächst die Arbeit in eurem Verein über das rein Ehrenamtliche hinaus? Dann steht ihr vielleicht vor der Frage, ob bezahlte Tätigkeiten eine Option sein könnten. Diese Entscheidung will gut überlegt sein - sie bringt Chancen, aber auch Herausforderungen mit sich. Dieser Artikel zeigt euch die verschiedenen Möglichkeiten und worauf ihr achten müsst.

Das Bild zeigt in Großaufnahme 2 Hände, die Geld auszahlen.

Wann wird bezahlte Arbeit sinnvoll?

Die Situation kennen viele Vereine: Das Engagement wächst, die Projekte werden erfolgreicher - aber irgendwann stoßen Ehrenamtliche an ihre Grenzen. Oft sind es die Aktiven selbst, die als erste merken, dass es so nicht weitergehen kann.

Diese Anzeichen solltet ihr ernst nehmen:

  • Vorstandsmitglieder arbeiten regelmäßig am Limit
  • Wichtige Aufgaben bleiben liegen
  • Für neue Projekte fehlt die Zeit
  • Die Qualität der Arbeit leidet
  • Ehrenamtliche ziehen sich zurück

Die gute Nachricht: Es gibt viele Möglichkeiten, Schritt für Schritt von der ehrenamtlichen zur bezahlten Arbeit zu kommen. Wichtig ist, dass ihr das Thema rechtzeitig angeht und gut plant.

Die verschiedenen Möglichkeiten im Überblick

Ihr müsst nicht gleich Vollzeitstellen schaffen. Es gibt verschiedene Wege, die ihr je nach eurer Situation wählen könnt.

1. Aufwandsentschädigungen

  • Übungsleiterpauschale: Bis zu 3.000 € pro Jahr steuerfrei für pädagogische Tätigkeiten
  • Ehrenamtspauschale: Bis zu 840 € pro Jahr steuerfrei für andere Vereinstätigkeiten
  • Gut für: finanzieller Ausgleich für den Zeitaufwand und die Mühe, die Ehrenamtliche in ihre Tätigkeit investieren und Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung
  • Wichtig: Klare Regelungen, wer warum eine Pauschale erhält

2. Minijobs

  • Geregeltes Arbeitsverhältnis mit maximal 556 € pro Monat
  • Pauschalabgaben für den Verein
  • Gut für: Regelmäßige Verwaltungsaufgaben, Teilzeittätigkeiten
  • Wichtig: Mindestlohn und Arbeitszeitdokumentation beachten

3. Teil- und Vollzeitstellen

  • Reguläres Arbeitsverhältnis
  • Volle Sozialversicherung
  • Gut für: Umfangreiche, dauerhafte Aufgaben
  • Wichtig: Sorgfältige Finanzplanung notwendig

4. Alternative Modelle

Honorarverträge:

  • Für einzelne, klar definierte Leistungen (z.B. Kurse geben, Beratungen)
  • Auftragnehmer arbeitet selbstständig
  • Honorar wird pro Leistung vereinbart
  • Beispiel: Ein Yogalehrer gibt wöchentlich Kurse und rechnet pro Stunde ab

Werkverträge:

  • Für ein konkretes “Werk” oder Projekt
  • Auftragnehmer arbeitet eigenverantwortlich
  • Bezahlung nach Fertigstellung
  • Beispiel: Eine Grafikerin gestaltet die neue Vereinswebsite

Kooperationen mit anderen Vereinen:

  • Gemeinsame Nutzung von Personal
  • Kostenteilung möglich
  • Beispiel: Drei kleine Vereine teilen sich eine Bürokraft

Praxistipp: Viele Fördermittelgeber unterstützen Vereine nicht nur bei Projekten, sondern auch bei der Finanzierung von Personalkosten. Informiert euch über regionale und überregionale Programme, die speziell für gemeinnützige Organisationen geschaffen wurden. Eine Übersicht dazu findet ihr im Artikel „Fördermittel für Vereine“.

Schrittweise vorgehen

Ein erfolgreicher Übergang braucht gute Planung. So könnt ihr vorgehen:

1. Bestandsaufnahme

  • Welche Aufgaben brauchen dringend mehr Zeit?
  • Wie viele Stunden fallen regelmäßig an?
  • Welches Budget ist verfügbar?
  • Wer könnte die Aufgaben übernehmen?

2. Möglichkeiten prüfen

  • Welches Modell passt zu eurem Bedarf?
  • Was können wir uns leisten?
  • Rechtliche Voraussetzungen klären
  • Fördermöglichkeiten recherchieren

3. Team einbinden

  • Offen kommunizieren
  • Bedenken ernst nehmen
  • Aufgaben klar abgrenzen
  • Rollen definieren

Das müsst ihr regeln

Rechtliche Basics:

  • Mindestlohn gilt auch bei Minijobs (12,82 € pro Stunde seit 2025)
  • Arbeitszeit dokumentieren
  • Urlaubsanspruch beachten
  • Versicherungsschutz sicherstellen

Organisatorisches:

  • Klare Stellenbeschreibung erstellen
  • Arbeitsvertrag schriftlich fixieren
  • Zuständigkeiten festlegen
  • Einarbeitung planen

Langfristige Planung ist entscheidend

Bezahlte Arbeit bedeutet zusätzliche finanzielle Verpflichtungen für euren Verein. Es ist wichtig, eine langfristige Finanzplanung aufzustellen, um sicherzustellen, dass die Personalkosten dauerhaft gedeckt sind. Prüft, ob eure Einnahmen (z. B. Mitgliedsbeiträge, Spenden, Fördermittel) ausreichen, um diese Ausgaben nachhaltig zu tragen.

Spannungsfeld Ehrenamt und Bezahlung

Der Übergang zu bezahlter Arbeit bringt oft Herausforderungen mit sich:

Typische Konflikte

  • Neid auf bezahlte Kräfte
  • Unklarheit über Zuständigkeiten
  • Gefühl der “Zwei-Klassen-Gesellschaft”
  • Unterschiedliche Erwartungen an Verfügbarkeit und Engagement

So könnt ihr vorbeugen

Transparenz schaffen

  • Klar kommunizieren, warum bestimmte Aufgaben bezahlt werden
  • Entscheidungskriterien für Bezahlung offenlegen
  • Regelmäßiger Austausch zwischen allen Beteiligten

Wertschätzung zeigen

  • Ehrenamt und bezahlte Arbeit als gleichwertig behandeln
  • Verschiedene Formen der Anerkennung pflegen
  • Entwicklungsmöglichkeiten für alle anbieten

Grenzen ziehen:

  • Aufgabenbereiche klar definieren
  • Verantwortlichkeiten schriftlich festhalten
  • Regelmäßige Abstimmungsrunden einplanen

Praktische Tipps

Diese Fehler vermeiden:

❌ Zu schnelles Wachstum

❌ Unklare Aufgabenteilung

❌ Mangelnde Kommunikation

❌ Ehrenamt vernachlässigen

❌ “Zwei-Klassen-Denken” zulassen

Das hat sich bewährt:

✅ Klein anfangen und schrittweise wachsen

✅ Mehrere Finanzierungsquellen erschließen

✅ Regelmäßig mit allen Beteiligten sprechen

✅ Erfolge dokumentieren

✅ Konflikte frühzeitig ansprechen

Beispiel aus der Praxis

Ein Sportverein startete mit einer Minijob-Stelle für die Mitgliederverwaltung. Die bisherige Kassiererin übernahm den Job – sie kannte den Verein gut und hatte alle Abläufe im Kopf. Der Verein kommunizierte von Anfang an offen, warum diese Position bezahlt wird: Die Aufgabe war zeitintensiv und brauchte regelmäßige Präsenz. Nach einem Jahr wurde daraus eine Teilzeitstelle, die auch die Buchhaltung umfasst. Durch die klare Kommunikation und schrittweise Entwicklung gab es keine Konflikte mit anderen Ehrenamtlichen.

Wichtig: Eine bezahlte Stelle bedeutet nicht, dass das Ehrenamt weniger wert ist. Im Gegenteil: Wenn Routineaufgaben professionell erledigt werden, haben Ehrenamtliche mehr Zeit für die eigentliche Vereinsarbeit.

Über den Autor:

Wiki-Team

Team der Geschäftsstelle des Landesnetzwerk für Bürgerschaftliches Engagement Bayern e.V.